
Ältere FDM-Drucker wirken heute neben schnellen CoreXY-Systemen oft „veraltet“. Trotzdem sind sie weit davon entfernt, nutzlos zu sein. Gerade weil sie langsamer sind, eignen sie sich für bestimmte Aufgaben sogar besser als moderne High-Speed-Maschinen – vorausgesetzt, sie sind noch halbwegs gut gewartet.
ÄLTERE DRUCKER ALS ROBUSTE ARBEITSTIERE
Viele ältere Geräte haben einen einfachen, stabilen Aufbau:
- bewährte Cartesian-Kinematik
- massiver Rahmen
- oft großer Bauraum
Wenn man sie moderat und langsam fährt, liefern sie eine sehr saubere Oberflächenqualität. Sie eignen sich ideal für:
- Langläufer-Jobs über Nacht
Ein alter Drucker kann 10–20 Stunden leise vor sich hin drucken, während der „schnelle“ Drucker für kurzfristige Projekte frei bleibt. - Grobe Prototypen und Testpassungen
Maßhaltigkeit ist bei langsamen Geschwindigkeiten oft sehr gut. Für Stecktests, Gehäuse und Funktionsmuster reicht ein älteres Gerät vollkommen. - Farm-Erweiterung mit kleinem Budget
Statt einen teuren neuen Drucker anzuschaffen, kann man alte Maschinen für einfache PLA-/PETG-Teile weiterverwenden und so die Ausstoßmenge erhöhen. - Spezialaufgaben
Ein alter Drucker kann dauerhaft mit einer 0,8-mm-Düse oder einem Spezialfilament laufen. So muss man den „Hauptdrucker“ nicht ständig umbauen.
FILAMENTE, DIE VON LANGSAMEN GESCHWINDIGKEITEN PROFITIEREN
Nicht jedes Material mag High-Speed. Es gibt Filamente, die grundsätzlich lieber langsam und kontrolliert gedruckt werden – hier haben ältere Drucker mit geringeren Beschleunigungen echte Vorteile.
a) TPU / TPE und sehr flexible Filamente
- Sehr weiches TPU staucht sich im Extruder, wenn zu schnell gefördert wird.
- Niedrige Geschwindigkeit (z. B. 15–30 mm/s) sorgt dafür, dass das Filament sauber durch den Bowden oder Direct-Drive läuft.
- Ältere Drucker, die ohnehin nicht auf 200+ mm/s ausgelegt sind, sind perfekt für solche „Gummiteile“.
b) Hochgefüllte bzw. abrasive Filamente (WOOD, METALL, GLOW, CF/GF)
- Holz-, Metall- oder stark pigmentierte Filamente sind zähflüssiger und bilden bei zu hoher Geschwindigkeit schnell Unterextrusion oder verstopfen die Düse.
- Carbon- oder glasfaserverstärkte Filamente mögen ebenfalls moderatere Geschwindigkeiten, damit die kurzen Fasern sauber orientiert werden und die Layerhaftung stimmt.
- Ein alter Drucker mit gehärteter Düse, der gemütlich vor sich hin druckt, ist hier ideal als „Spezialmaschine“.
c) Nylon, PC und andere technische Kunststoffe
- Diese Materialien brauchen hohe Temperatur, guten Flow und stabile Layerhaftung.
- Etwas langsamere Geschwindigkeiten reduzieren Warping und verbessern die Schichthaftung – besonders bei offenen oder halboffenen Druckern.
d) Optik-Spezialisten: Silk-PLA, hochglänzende oder sehr detaillierte Filamente
- Für besonders glatte, glänzende Oberflächen lohnt sich ein ruhiger Druck mit kleiner Layerhöhe.
- Ältere Drucker können hier durch ihre „Zwangsentschleunigung“ sehr schöne Ergebnisse liefern, statt in Resonanzen und Ghosting zu geraten.
STRATEGIE: ALT UND NEU SINNVOLL KOMBINIEREN
Statt ältere FDM-Drucker zu entsorgen, lassen sie sich sinnvoll in einen kleinen Workflow integrieren:
- Neuer, schneller Drucker: Serien, Eilaufträge, Standard-PLA/PETG in hoher Geschwindigkeit.
- Älterer, langsamer Drucker:
- flexible, abrasive oder heikle Filamente
- Langzeitdrucke mit großer Bauteilhöhe
- Versuchsaufbauten und Kalibrierungen
So holst du aus deinem Maschinenpark das Maximum heraus: Der alte Drucker wird vom „Problemkind“ zum spezialisierten Werkzeug, das genau dort glänzt, wo moderne High-Speed-Drucker ausgebremst werden müssen – bei Materialien, die Geduld und konstante, langsame Bewegung verlangen.